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Die Gaben der Liebe

Henry B. Eyring

 

 

Aus einer Ansprache, die am 16. Dezember 1980 bei einer Andacht an der Brigham-Young-Universität gehalten wurde.

 

Ich habe immer davon geträumt, großzügig schenken zu können. Ich kann mir vorstellen, wie jemand mit Tränen der Freude in den Augen und mit einem Lächeln mein Geschenk öffnet und dadurch zeigt, dass es auf das Schenken und nicht nur auf das Geschenk ankommt. Sicher haben auch andere Menschen diesen Traum, und viele sind wahrscheinlich bereits Experten des Schenkens. Doch wie ich fragen sich vielleicht sogar die Experten: Wodurch wird ein Geschenk etwas Besonderes?

 

Mein Leben lang bin ich von Experten des Schenkens umgeben gewesen. Keiner von ihnen hat mir je erklärt, wie man schenkt, aber ich habe beobachtet und mir eine Theorie zurechtgelegt. Diese Theorie basiert auf dem Nachdenken über viele Geschenke und viele Feiertage, doch ein bestimmter Tag und ein bestimmtes Geschenk können hier als Beispiel dienen.

 

Es was noch nicht einmal vor Weihnachten, sondern im Sommer. Meine Mutter war am frühen Nachmittag gestorben. Mein Vater, mein Bruder und ich fuhren aus dem Krankenhaus nach Hause - nur wir drei. Wir machten uns eine Kleinigkeit zu essen und unterhielten uns dann mit Besuchern. Es wurde spät, und die Dunkelheit brach herein, aber ich weiß noch, dass wir immer noch kein Licht gemacht hatten.

 

Da klingelte es. Vati machte die Tür auf. Draußen standen Tante Catherine und Onkel Bill. Ich sah, dass Onkel Bill ein Glas Kirschen in der Hand hielt. Ich sehe heute noch die tiefroten, fast purpurfarbenen Kirschen und den goldenen Deckel vor mir, mit dem das Glas verschlossen war. Onkel Bill sagte: „Vielleicht mögt ihr ein paar Kirschen. Ihr habt wahrscheinlich keinen Nachtisch bekommen."

 

Das hatten wir auch nicht. Wir drei setzten uns an den Küchentisch, gaben ein paar Kirschen in Schälchen und aßen sie, während Onkel Bill und Tante Catherine Geschirr spülten. Onkel Bill fragte: „Wen habt ihr noch nicht angerufen? Sagt mir die Namen; ich rufe für euch an." Wir nannten ihm einige Verwandte, die sicher von Mutters Tod erfahren wollten. Dann gingen Onkel Bill und Tante Catherine wieder. Wahrscheinlich waren sie nicht länger als 20 Minuten bei uns.

 

Meine Theorie läßt sich am besten verstehen, wenn man sich auf ein bestimmtes Geschenk konzentriert, beispielsweise das Glas Kirschen. Ich will meine Theorie jetzt einmal vom Blickwinkel des Beschenkten aus erklären, nämlich meinem. Das ist wichtig, denn entscheidend beim Schenken ist, was der Beschenkte empfindet.

 

So weit ich weiß, gliedert sich das Schenken und das Beschenktwerden immer in drei Abschnitte, die ich anhand jenes Geschenks deutlich machen möchte, das ich damals im Sommer erhielt.

 

Erstens spürte ich, dass Onkel Bill und Tante Catherine mit mir fühlten und sich in meine Lage versetzten. Das finde ich immer noch wunderbar. Sie müssen gewusst haben, dass wir zu müde waren, um uns mehr als eine Kleinigkeit zu essen zu machen. Sie müssen gewusst haben, dass ein Schälchen mit selbsteingemachten Kirschen uns für wenige Augenblicke wieder das Gefühl gab, eine vollständige Familie zu sein. Das Bewusstsein, dass jemand wusste, was ich empfand, war mir viel wichtiger als die Kirschen an sich. Ich weiß nicht mehr, wie die Kirschen geschmeckt haben, aber ich kann mich noch daran erinnern, dass jemand wusste, wie mir zumute war, und sich um mich kümmerte.

 

Zweitens spürte ich, dass das Geschenk ohne Verpflichtung für mich war. Ich wusste, dass Onkel Bill und Tante Catherine uns von sich aus etwas geschenkt hatten. Sie taten das nicht in Erwartung einer Reaktion; es machte ihnen einfach Freude, etwas zu verschenken.

 

Und drittens war das Geschenk auch mit einem Opfer verbunden. Man mag sich nun fragen: „Sie hatten doch aus Freude am Schenken gehandelt. Inwiefern war das ein Opfer?" Mir jedoch war das Opfer bewusst. Ich wusste, dass Tante Catherine die Kirschen für ihre Familie eingekocht hatte. Sie aßen wahrscheinlich gern Kirschen. Und doch schenkte sie mir die Freude, die eigentlich für ihre Familie gedacht gewesen war. Das ist Opfern. Doch seitdem ist mir auch die folgende wunderbare Tatsache bewusst geworden: Onkel Bill und Tante Catherine müssen wohl gemeint haben, dass es ihnen mehr Freude machen würde, wenn ich die Kirschen aß, als wenn sie sie selbst aßen. Sie haben ein Opfer gebracht, aber sie haben dafür mehr zurückerhalten, als sie gegeben hatten - nämlich dass ich glücklich war. Jeder kann denjenigen, den er beschenkt, wissen lassen, dass das Geschenk mit einem Opfer verbunden war. Doch nur solch ein Experte kann den anderen Menschen spüren lassen, dass dieses Opfer dem Schenkenden Freude bereitet, weil es dem Beschenkten hilft.

 

Das also ist meine Theorie. Zum Schenken gehört dreierlei: Man spürt, was der andere empfindet, man schenkt, ohne etwas dafür zu erwarten, und man betrachtet das Opfer als Gewinn.

 

Es ist sicher nicht einfach, anhand dieser Theorie große Fortschritte für das diesjährige Schenken zu Weihnachten zu machen. Man muß üben, und zwar nicht nur an einem einzigen Feiertag, um das spüren zu können, was ein anderer Mensch empfindet. Und es dauert auch eine Weile, bis man in der Lage ist, ein Geschenk zu machen, ohne etwas dafür zu erwarten, und Freude an diesem Opfer zu empfinden. Aber wenigstens können wir dieses Jahr zu Weihnachten damit beginnen, ein guter Beschenkter zu sein. Es steht in unserer Macht, anderen durch unsere Sichtweise das Gefühl zu vermitteln, ein schönes Geschenk gemacht zu haben. Wir können jedes Geschenk dadurch wertvoller werden lassen. Gleichermaßen können wir aber auch jedem Geschenk durch unsere Sichtweise den Wert nehmen. Zum Schenken gehören der Schenkende und der Beschenkte. Hoffentlich verwenden wir meine Theorie nicht dazu, die Geschenke und Gaben zu kritisieren, die uns dieses Jahr zuteil werden. Hoffentlich machen wir uns damit vielmehr bewusst, wie oft man uns Verständnis entgegenbringt und wie viele Geschenke mit Freude und sogar unter Opfern gemacht werden.

 

Es gibt noch etwas, womit wir noch dieses Jahr zu Weihnachten beginnen können, um besser schenken zu können. Wir können nämlich damit beginnen, einige Geschenke - wichtige Geschenke - für zukünftige Weihnachtsfeste auf die Seite zu legen.

 

Während des Religionsunterrichts am Ricks College nahm ich einmal Abschnitt 25 im Buch ,Lehre und Bündnisse' durch. Hier fordert der Herr Emma Smith auf, ihre Zeit darauf zu verwenden, „zu schreiben und viel zu lernen" (LuB 25:8). Etwa in der dritten Reihe von hinten saß eine blonde Frau, die die Brauen hochzog, als ich darüber sprach, wie wichtig es ist, schreiben zu lernen. Sie meldete sich zu Wort und sagte: „Das kommt mir nicht besonders sinnvoll vor. Ich werde wahrscheinlich niemals etwas anderes schreiben als Briefe an meine Kinder." Alle lachten.

 

Da stand fast ganz hinten ein junger Mann auf. Er hatte das ganze Semester über kaum etwas gesagt. Er war älter als die übrigen Studenten, und er war schüchtern. Er fragte, ob er etwas sagen dürfe, und erzählte dann mit leiser Stimme, dass er Soldat in Vietnam gewesen sei. Eines Tages hatte er sein Gewehr aus der Hand gelegt und war durch das Lager gegangen, um Post in Empfang zu nehmen. Gerade als er einen Brief in die Hand gedrückt bekommen hatte, gab jemand Alarm, und er sah Gewehrfeuer. Der Feind stürmte heran. Mit bloßen Händen kämpfte er sich zurück zu seinem Gewehr. Gemeinsam mit den anderen Überlebenden schlug er die Gegner in die Flucht. Die Verwundeten wurden abtransportiert. Dann setzte er sich inmitten der Überlebenden und einiger Gefallener auf die Erde und öffnete den Brief.

 

Er war von seiner Mutter. Sie schrieb, dass sie ein geistiges Erlebnis gehabt habe, durch das ihr versichert worden sei, dass er am Leben bleiben und nach Hause zurückkehren werde, wenn er rechtschaffen bliebe. Der junge Mann wandte sich an die anderen Studenten und sagte leise: „Dieser Brief war für mich heilige Schrift. Ich habe ihn aufbewahrt." Dann setzte er sich.

 

Auch wenn Sie jetzt noch keine Kinder haben, werden Sie wahrscheinlich eines Tages welche haben. Können Sie sich ihre Gesichter vorstellen? Können Sie sich ausmalen, dass sie sich eines Tages irgendwo in Lebensgefahr befinden? Können Sie die Angst spüren, die sie dann empfinden? Würden Sie ihnen gerne etwas geben? Was für Opfer mögen wohl notwendig sein, um ihnen den Brief zu schreiben, den sie ihnen gerne schreiben möchten? Sie können diese Opfer nicht in der Stunde bringen, die Sie noch Zeit haben, ehe der Briefträger kommt. Sie können sie auch nicht an einem Tag oder sogar in einer Woche bringen. Dazu sind vielleicht mehrere Jahre notwendig, aber Sie können schon heute damit beginnen. Eine gute Möglichkeit dazu ist das Führen eines Tagebuches. Und wenn Sie sich Ihre Kinder und deren Empfindungen vorstellen und an die Briefe denken, die sie von Ihnen brauchen werden, dann erscheint Ihnen das vielleicht gar nicht mehr als Opfer.

 

Auf manche von euch wartet vielleicht keine Hausarbeit. Stattdessen erwartet euch vielleicht eine unerledigte Mathematikaufgabe. Ich beschreibe nun einen Tag, wie er sich in der Zukunft abspielen könnte. Ihr habt einen Sohn oder eine Tochter im Teenageralter. „Ich kann die Schule nicht ausstehen“, bekommt ihr zu hören. Nachdem ihr aufmerksam zugehört habt, stellt ihr fest, dass euer Kind eigentlich keine Abneigung gegen die Schule hat, nicht einmal gegen das Fach Mathematik, sondern einfach nur das Gefühl hat, versagt zu haben.

 

Ihr werdet erkennen, worum es eigentlich geht, und mit eurem Kind mitfühlen, und ihr werdet alles tun wollen, um ihm zu helfen. Ihr schlagt also das Mathebuch auf und sagt: „Schauen wir uns doch eine der Aufgaben gemeinsam an.“ Was für ein Schock wird es wohl sein, wenn ihr feststellt, dass es noch immer dieses Ruderboot gibt, das flussabwärts zwei Stunden benötigt und flussaufwärts fünf, und dass man immer noch berechnen muss, wie schnell die Strömung ist und welche Strecke das Boot zurückgelegt hat. Nun mögt ihr denken: „Meine Kinder fühlen sich sicher besser, wenn sie sehen, dass ich Mathe auch nicht besser beherrsche als sie.“ Lasst euch von mir sagen: Darin werden sie keinen Vorteil sehen.

 

Ihr könnt etwas Besseres für sie tun, aber das erfordert jetzt Anstrengung. Mein Vater muss als Junge die Aufgabe mit dem Ruderboot und viele andere Mathematikaufgaben in Angriff genommen haben. Das war Teil des Rüstzeugs, das er brauchte, um später ein Wissenschaftler zu werden, der im Fach Chemie etwas erreicht hat. Aber er hat auch bei mir viel erreicht. Unser Wohnzimmer sah nicht so elegant aus wie andere. Das einzige Mobiliar waren Stühle, und die einzige Dekoration an der Wand war eine Tafel. Ich kam in das Alter, in das auch eure Söhne und Töchter einmal kommen werden. Die Frage, ob ich Matheaufgaben lösen konnte, beschäftigte mich nicht länger, da ich mir hinreichend bewiesen hatte, dass ich es nicht konnte. Und einige meiner Lehrer waren ebenfalls davon überzeugt.

 

Aber Vater gab sich nicht damit zufrieden. Er war sicher, dass ich es konnte. Also wechselten wir uns an der Tafel ab. Ich erinnere mich nicht mehr an die Geschenke, die mein Vater eingepackt und mir überreicht hat. Aber ich erinnere mich an die Tafel und seine ruhige Stimme. Was er mir damals beibrachte, erforderte mehr als Interesse an mir und das Wissen, was ich so alles brauchte. Es erforderte mehr als die Bereitschaft, seine kostbare Zeit zu opfern. Es erforderte nämlich auch die Zeit, die er viel früher investiert hatte, als sich ihm die gleichen Gelegenheiten boten, die sich euch jetzt bieten. Weil er als Schüler Zeit aufgewendet hatte, konnte er neben mir an der Tafel stehen und mir helfen.

 

Und dank seiner Hilfe konnte ich mich später ein ganzes Jahr lang mit meinem Sohn hinsetzen und ihm helfen. Wir gingen die Aufgabe mit dem Ruderboot wieder und wieder durch. Schließlich stand in seinem Zeugnis: „hat sich sehr verbessert“. Ich sage euch aber, was sich am meisten verbessert hat: das Selbstwertgefühl eines lieben Jungen. Kein Geschenk, das ich Stuart unter den Weihnachtsbaum lege, hat auch nur halb so viel Aussichten darauf, zu einem so wertvollen Familienerbstück zu werden wie sein Stolz auf seine Leistungen.

 

Wer Kunst oder Musik gewählt hat, lächelt jetzt vielleicht und denkt: „Er wird mich bestimmt nicht davon überzeugen können, dass in meinen unerledigten Aufgaben eine verborgene Gabe schlummert.“ Ich will es versuchen. Letzte Woche ging ich zu einer Feier zu Ehren eines jungen Mannes. Eine Diashow wurde präsentiert. Die Lichter gingen aus, und ich erkannte zwei Stimmen. Die eine, im Hintergrund, war die eines berühmten Sängers, die andere war die des Vaters des jungen Mannes, des Erzählers.

Der Vater muss Stunden damit zugebracht haben, Dias auszuwählen, aufbauende Gedanken in Worte zu fassen und die Musik und den Text dann irgendwie zum richtigen Zeitpunkt und in der richtigen Lautstärke einzuspielen. Eines Tages werdet ihr einen Jungen haben, der bei einer solchen Feier geehrt werden wird, und die ganze Verwandtschaft wird da sein. Ihr werdet ihm aus tiefstem Herzen sagen wollen, wer er ist und wer er werden kann. Ob ihr ihm dieses Geschenk einmal machen könnt, hängt davon ab, ob ihr jetzt schon erahnen könnt, wie er sich fühlen wird, ob euch das bewegt und ob ihr jetzt damit anfangt, die dafür notwendigen kreativen Fähigkeiten zu entwickeln. Ich kann euch versprechen, dass euch solche Momente mehr bedeuten werden, als ihr euch jetzt vorstellen könnt.

 

Es gibt ein weiteres Geschenk, das wir vielleicht machen möchten und mit dessen Vorbereitung wir schon früh beginnen müssen. Diesen Beginn habe ich einmal als Bischof miterlebt. Mir gegenüber saß ein Student und sprach über die Fehler, die er gemacht hatte. Er sprach auch darüber, wie sehr er sich wünschte, dass seine zukünftigen Kinder einen Vater hatten, der das Priestertum anwenden konnte und an den sie für immer gesiegelt waren. Er sagte, er wisse, dass der Preis dafür hoch sei und die Umkehr ihm große Schmerzen bereiten könne. Und dann sagte er etwas, was ich niemals vergessen werde: „Bischof, ich komme zurück. Ich werde alles tun, was notwendig ist. Ich komme zurück." Er empfand Trauer; er glaubte an Christus. Und doch waren Monate schmerzhafter Anstrengung notwendig.

 

Schließlich fragte er mich, ob es genug sie. Er sagte, er wollte nicht, dass ich es vermute, er wollte, dass ich sicher bin.

 

Zu dieser Zeit nahm mich ein liebevoller Priestertumsführer zur Seite und fragte, ob ich irgendwelche Fragen hätte. Ich bejahte, und fragte, wie ich wissen könnte, ob eine Person alles getan hat, was es zur Umkehr braucht. Zu meiner Überraschung hielt er mir keinen Vortrag über Umkehr oder Offenbarung. Er fragte nur ein paar Fragen. Sie waren nicht, was ich erwartet hatte. Sie gingen ungefähr so: „Besucht er alle seine Versammlungen.“

 

„Ja.“

 

„Ist er pünktlich?“

 

„Ja.“

 

„Tut er, worum man ihn bittet?“

 

„Ja.“

 

„Macht er es sofort?“

 

„Ja.“

 

Die Fragen gingen noch so für einige Minuten weiter. Alle Fragen waren ähnlich. Dann sagte er, „Hast du deine Antwort?“

 

Und ich sagte, “Ja.”

 

Deshalb gibt es an diesem Weihnachtsfest irgendwo eine Familie, in der der Vater - der Student von damals - das Priestertum trägt, und die Familie hat Hoffnung für die Ewigkeit und Friede auf Erden. Wahrscheinlich wird er seinen Kindern alle möglichen bunt eingepackten Geschenke machen, aber nichts ist so wichtig wie das Geschenk, mit dem er vor langer Zeit in meinem Büro begonnen hat. Damals spürte er, was die Kinder, von denen er zu dem Zeitpunkt nur träumte, brauchen würden. Er begann früh und großzügig zu schenken. Er opferte seinen Stolz, seine Trägheit und seine Empfindungslosigkeit. Ich bin sicher, dass er das heute nicht mehr als Opfer betrachtet.

 

Sein Geschenk ist erst durch andere Gaben vor langer Zeit möglich geworden. Gott Vater gab seinen Sohn, und Jesus Christus gab uns das Sühnopfer. Das sind Gaben von unermesslicher Größe und unermesslichem Wert.

 

Jesus ließ uns allen seine Gabe bereitwillig und ohne eine Verpflichtung unsererseits zuteil werden. Er hat gesagt: „Deshalb liebt mich der Vater, weil ich mein Leben hingebe, um es wieder zu nehmen.

 

Niemand entreißt es mir, sondern ich gebe es aus freiem Willen hin."

(Johannes 10:17,18.)

 

Ich gebe Zeugnis: Wenn wir diese Gabe annehmen, die uns durch ein unbegrenztes Opfer zuteil wurde, dann bereiten wir dem Urheber dieser Gabe Freude. Jesus hat gesagt: „Ich sage euch: Ebenso wird auch im Himmel mehr Freude herrschen über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die es nicht nötig haben umzukehren." (Lukas 15:7.)

 

Wenn Ihnen dabei genauso warm ums Herz wird wie mir, dann möchten Sie dem Erretter bestimmt auch etwas schenken. Aber hat er nicht schon alles? Nein, nicht alles. Er hat nicht alle von uns wieder für immer bei sich - noch nicht. Hoffentlich spüren wir die Empfindungen, die er im Herzen trägt, nämlich den Wunsch nach der Gewissheit, dass wir alle wieder zu ihm nach Hause kommen. Dieses Geschenk können wir ihm nicht an einem einzigen Tag oder einem einzigen Weihnachtsfest bringen. Aber wir können ihm heute zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

 

Auch wenn wir bereits so weit sind, gibt es noch etwas, was wir schenken können. Wir sind umgeben von Menschen, die der Herr liebt, und er möchte ihnen helfen - durch uns.

 

Wer das Sühnopfer des Erretters an- genommen hat, zeichnet sich dadurch aus, dass er bereit ist zu geben. Wenn wir uns rein machen, werden wir wohl auch empfänglicher und großzügiger und haben mehr Freude daran, andere Menschen an dem teilhaben zu lassen, was uns so viel bedeutet. Wahrscheinlich hat der Erretter deshalb auch das Geben als Beispiel genommen, um deutlich zu machen, wer einst zu ihm zurückkehren wird:

 

„Dann wird der König denen auf der rechten Seite sagen: Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist.

Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt, und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank, und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen

Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan."

(Matthäus 25:34-36, 40.)

 

Und das ist meiner Meinung nach der schönste Effekt, wenn man eine große Gabe empfängt: Man möchte selbst auch geben und richtig geben. Ich habe mein ganzes Leben lang von solchen Gaben profitiert. Dafür bin ich dankbar.

 

Viele dieser Gaben sind schon vor langer Zeit gegeben worden. Bald jährt sich wieder der Geburtstag des Propheten Joseph Smith - der 23. Dezember. Er hat sein großes Talent und sein Leben hingegeben, damit das Evangelium Jesu Christi wiederhergestellt werden konnte. Meine Vorfahren haben ihre Heimat und ihr vertrautes Leben aufgegeben, um das wiederhergestellte Evangelium anzunehmen; sie taten das nicht nur für sich, sondern auch - und vielleicht sogar noch mehr - für mich.

 

Was also müssen wir tun, um selbst frohe Weihnachten zu haben und anderen frohe Weihnachten zu bereiten? „Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben." (Matthäus 10:8.)

 

Ich bete darum, dass wir umsonst geben mögen. Ich bete darum, dass wir spüren können, was andere Menschen empfinden, dass wir Geschenke machen mögen, ohne uns dazu verpflichtet zu fühlen oder uns etwas davon zu versprechen, und dass wir in der Gewissheit handeln, dass Opfern uns Freude bereitet, wenn wir die Freude zu schätzen wissen, die wir an- deren Menschen damit bereiten.

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