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Hugh B. Brown

Vorlesung über Joseph Smith 1

Die Erste Vision und deren Folgen

Truman G. Madsen

 

 

Truman G. Madsen, BYU Professor der Philosophie, hielt acht Vorlesungen über den Propheten Joseph Smith auf der BYU Campus Education Week im August 1978.

Vor einigen Jahren hatte ich eine Abhandlung über das Thema “Joseph Smith unter den Propheten” erarbeitet. Diese versuchte zehn Charaktereigenschaften eines Propheten, welche in der judeo-christlichen Literatur typisch sind, auf zu zeigen. Zum Beispiel ist ein Prophet ein Vorhersager, er hat prophetischen Zugang zur Zukunft. Außerdem wurden Propheten “Vorsprecher” genannt, was bedeutet, dass sie frei heraus das ansprechen, was Urteile und Empfehlungen für ihre Zeit betreffen. Ein Prophet ist auch ein Mann der Vollmacht hat, indem er mit mehr als nur menschlicher Zustimmung spricht. Er ist ein Wiederhersteller und Entdecker von Wahrheit. Er ist ein Fürsprecher für soziale Gerechtigkeit. Er ist charismatisch, jemand dessen Personalität etwas manifestiert, das im geistigen Sinne anziehend wirkt. Er erduldet Leiden, und dies mit Ausstrahlung. Er verkörpert Liebe. Er ist ein Seher, was bedeutet, dass er die Fähigkeit besitzt Wahrheit klar zu verstehen und zu offenbaren. Schlussendlich waren viele der großen Propheten Märtyrer.

 

In dieser Darlegung zeigte ich, dass unter jedem dieser Aspekte Joseph Smith sich als Prophet qualifiziert. Wenn wir auch nur eine dieser Eigenschaften benötigen, um einen Propheten zu charakterisieren, was bleibt uns dann über einen Mann zu sagen, in dem sie sich alle manifestierten?

 

Wesentlich persönlicher als in den judeo-christlichen Zusammenhängen lernen wir Joseph Smith kennen, wenn wir uns aus seiner Sicht der herrlichen ersten Vision nähern.

 

1969 veröffentlichten die BYU Studies eine Sammlung der vier bekannten schriftlich festgehaltenen Berichte der ersten Vision. Der erste wurde 1832 aufgezeichnet, ein weiterer 1835 nachdem sich Joseph Smith mit einem jüdischen Besucher namens Matthias getroffen hatte; des weiteren der Bericht von 1838, welcher für alle Welt in der Köstlichen Perle veröffentlicht wurde und schließlich der bekannte Wentworth-Brief, geschrieben 1842 an den Chicago Democrat, worin der Prophet in aller Kürze seine erste Vision rekapituliert. Es war nicht nur die Absicht der BYU Studies einfach die Ablichtungen dieser, von seinen verschiedenen Schreibern aufgezeichneten Berichte bereit zu stellen (was sie auch getan haben), sondern auch mit Artikeln von einigen der Besten LDS Schriftgelehrten diese in den Zusammenhang zu setzen.

 

In den frühesten Aufzeichnungen spricht Joseph von seiner Zeit in Vermont. Dort und später in New York würde Joseph des Nachts aufschauen und über die Schönheit und Wunder und Ordnung des Himmels staunen. Etwas in ihm sagte, “Hinter all diesem muss ein majestätischer Schöpfer der Gestirne stecken.” Der Unterschied zwischen seiner jungenhaften Erkenntnis und dem Durcheinander, welches ihm auf der Erde umgab, war nicht nur bedrückend, sondern es marterte seine Seele. In Palmyra beklagte er nicht nur die Gräben zwischen anderen, Nachbarn und Freunden, sondern auch in seiner eigenen Familie. Er hatte mindestens einen Verwandten in jeder Kirche in Palmyra, so dass seine Familie aufs äußerte zerstreut war. Ordnung im Himmel, Chaos auf Erden. Wie konnte Gott für beides verantwortlich sein?

 

Die Dokumente zeigen deutlich, dass vor der heiligen Erfahrung im Wald es Joseph niemals in den Sinn gekommen war, dass alle maßgebenden Kirchen im Irrtum waren. Die Frage, welche Jesus Christus stellte, nachdem er sich erholt hatte, war nicht, “Gibt es eine wahre Kirche auf Erden?” Die Frage lautete, “Welche Kirche ist wahr?” Er vermutete, dass zumindest eine Recht haben musste. Umso eindringlicher und überraschender war die Antwort, “Schließe dich keiner von ihnen an.”

 

Während er die Bibel gelesen hatte, traf es Joseph - tatsächlich sagte er, “Nie ist einem Menschen eine Schriftstelle mit mehr Macht ins Herz gedrungen als diese damals mir.” Reverend George Lane könnte derjenige gewesen sein, der die Worte “so erbitte er sie von Gott” zuerst zu Josephs Gehör gebracht hatte. Genau diese Passage in Jakobus 1:5 findet sich in einigen der Predigten des Pastors. Er war ein Methodist und steht in Verbindung mit der Erweckungsbewegung im westlichen New York. Joseph berichtet später, dass er kurz nach seiner Vision mit einem Methodistenprediger sprach, welcher “während der vorerwähnten religiösen Erregung sehr rührig war.” Bedenken Sie (und für mich ist das äußerst ergreifend), dass Joseph zu diesem Zeitpunkt 14 Jahre alt war und dass er erfüllt von Herrlichkeit und Begeisterung dieser bemerkenswerten Erfahrung, als er dieses Erlebnis diesem Mann schilderte. Und die Antwort dieses Mannes lautete, “Oh nein, das kann nicht von Gott sein. Diese Dinge passieren einfach nicht mehr.”

 

Also sollte jemand, den es an Weisheit mangelt, gehen und darüber beten. Soll er sie ruhig von Gott erbitten, aber für diesen Mann war die Antwort... einfach zu viel. Der Himmel war zu nah heran gekommen. Wir können uns den jungen beinahe bildlich vorstellen - unverdorben, spontan, ja sogar ein wenig unbeherrscht, so wie Teenager nun einmal sind - wie er vor lauter Staunen von dieser wundersamen Antwort auf sein Gebet überwältigt ist. “Wow! Es hat funktioniert! Sie hatten mir den Ratschlag gegeben und ich habe es getan.” Die Antwort lautete, “Schade aber auch mein Junge, aber das ist alles vom Teufel.” Die Freude im Gesicht des Jungen war langsam gewichen. Er lernte früh, dass wenn man von göttlichen Manifestationen Zeugnis ablegt, man auch die Dunkelheit und Zorn heraufbeschwört. Dieser Zorn sollte sich schlussendlich in Kugeln verwandeln.

 

Joseph Smiths Feinde bringen immer wieder Behauptung auf, dass er unbeholfen, faul und träge war und niemals ein Tagewerk in seinem Leben gearbeitet hat. Allerdings existiert ein Dokument, welches die Erinnerungen an Joseph Smith, aufgezeichnet durch Martha Cox, wiedergeben. Eine davon ist von einer Frau, identifiziert als Mrs. Palmer, welche ihn noch als Jugendlichen kannte, während sie noch ein Kind war. Als Mädchen - Jahre jünger als er, allem Anschein nach - beobachtete sie ihn mit anderen Jungen auf der Farm ihres Vaters arbeiten. Dieser Aufzeichnung nach hatte ihr Vater ihn angestellt, weil er solch ein guter Arbeiter war, ganz im Gegenteil zu der Behauptung er wäre träge gewesen.

 

Ein weiterer Grund dafür war, weil er die anderen Jungs dazu bringen konnte, dass sie arbeiten. Die Vermutung liegt nahe, dass er dazu Gebrauch von seinen Fäusten machte. Ich glaube, dass eine Ursache für sein Gefühl der Unwürdigkeit, eines der Dinge, für die er um Vergebung gebetet hatte, seine Neigung zur Handgreiflichkeit war. Er war so stark und muskulös, so körperlich fähig, dass dies ein Weg war, um Probleme zu lösen. Dies beunruhigte ihn. Er fühlte, dass dies nicht im Einklang mit seinem göttlichen Auftrag war, welchen er erhalten hatte.

 

Mrs. Palmers Bericht spricht von "der Aufregung, die bei einigen der Menschen über die erste Vision von [Joseph] entfacht wurde". Ein Kirchenmann, erinnert sie sich, kam zu ihrem Vater, "um gegen seine enge Freundschaft zwischen seiner Familie und dem Jungen Joseph zu protestieren". Aber der Vater, zufrieden mit Josephs Arbeit auf seinem Hof, war entschlossen, ihn zu behalten. Von der Vision sagte er, dass es "der süße Traum eines arglosen Jungen" sei. Später, so berichtet die Tochter, behauptete Joseph, eine andere Vision gehabt zu haben; und diesmal führte sie zur Produktion eines Buches. Der Kirchenmann kam wieder, und an diesem Punkt wandte sich der Vater des Mädchens gegen Josef. Aber, so fügt sie hinzu, bis dahin war es zu spät. Joseph Smith hatte eine Anhängerschaft.

 

Die ersten Mitglieder dieser Anhängerschaft waren seine Familienangehörigen, die ihn mit großer Beständigkeit unterstützten und liebten. Tatsächlich gibt es kein besseres Beispiel für solch ein umfassendes familiäres Durchhaltevermögen in der Geschichte als das der Familie Smith. Es ist wahr, dass sie ihre Höhen und Tiefen hatten und dass William Smith fast so unsicher und unstet, wie Hyrum Smith loyal und unnachgiebig war. Aber aus einer Gesamtperspektive ist eine der Stärken der Kirchengeschichte, dass die erste Familie einander treu blieb. Schon in den ersten Tagen der Offenbarungen Josephs hatte sein Vater ihm geraten, der himmlischen Vision gegenüber nicht ungehorsam zu sein.

 

Der Bericht von 1838 über die Erste Vision beschreibt den Kampf, den Joseph mit dem Widersacher hatte. An entscheidenden Wendepunkten in der Wiederherstellung hat Beelzebub, der Feind der Gerechtigkeit, der Prinz der Finsternis, seine Macht geltend gemacht. Die Erste Vision war ein logischer Angriffspunkt. Der Teufel hat nicht, wie der Rest von uns, seine Erinnerung an das vorirdische Leben verloren. Er ist nicht in einen physischen Körper gesteckt worden und hat den Schleier aufgesetzt bekommen. Er kannte daher Joseph Smith. Später in seinem Leben würde Josef sagen: "Jeder Mensch (und das schließt auch sich selbst ein), der die Berufung hat, den Bewohnern der Welt zu dienen, wurde im Großen Rat des Himmels zu genau diesem Zweck ordiniert, bevor diese Welt es war". Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Widersacher das ernsthafte Flehen des Jungen Joseph im Heiligen Hain vereiteln wollte. Es war nicht das erste Mal, dass jemand zum Herrn betete, um die schwierige Frage zu beantworten: "Wo ist die Wahrheit?" Die Antwort, die an Josef erging, war, glaube ich, eine Antwort auf Millionen von Gebeten, die im Laufe der Jahrhunderte auf beiden Seiten des Schleiers gesprochen wurden.

 

Wie stark war der dunkle Einfluss bei dieser Gelegenheit? In der köstlichen Perle macht Joseph deutlich, dass es keine Einbildung war. Eine Zeitlang schien es, als würde er zerstört werden. In einem früheren Bericht fügt er hinzu, dass er eine Zeit lang nicht sprechen konnte, als ob seine Zunge Gaumen seines Mundes kleben würde. Er übte Glauben aus und wurde von der bösen Macht befreit.

 

Während seines ganzen Lebens hatte der Prophet wichtige Dinge über die Macht des Bösen zu sagen, aber er sagte nie, dass der Böse so mächtig sei wie der lebendige Gott. Er kannte beides. Wie Mose von einst, war er nicht verwirrt, als er einmal beides erlebt hatte und ihren Einfluss spürte. Er sprach von der Art von Macht, die wir Besessenheit nennen, und lehrte die Heiligen, dass "der Teufel keine Macht über uns hat, nur so weit wir es ihm erlauben". Er sagte an anderer Stelle, dass alle Menschen die Macht haben, dem Teufel zu widerstehen. Kurz gesagt, alles ist freiwillig. Aber ob wir nun rechtschaffen sind oder nicht, wir entkommen den Angriffen nicht. Und sie können von außen kommen, wie im Falle Josefs im Hain, oder, wenn wir nachgeben, dringen sie ein und wir selbst können die Marionetten des Bösen werden. Ein gesunder Respekt, wenn ich das so sagen darf, vor der Macht der Dunkelheit ist aus Joseph Smiths erster Vision entstanden, ebenso wie ein herrlicher Respekt vor der Macht, die die Dunkelheit überwindet.

 

Joseph beschrieb das herabfallende Licht. Als er den Bericht diktierte, suchte er nach dem richtigen Wort. Er benutzte zuerst das Wort Feuer. Das ist durchgestrichen zugunsten von Geist oder Licht. Das Wort, auf das er sich schließlich festlegte und das er am häufigsten benutzte, war Herrlichkeit. Es bezieht sich auf den ausstrahlenden und leuchtenden Geist und die Kraft Gottes. Aber das Wort Feuer ist von großer Bedeutung. Orson Pratt sagt in seinem Buch “Interesting Account of Several Remarkable Visions”, das 1840, zwei Jahre vor dem Wentworth-Brief, veröffentlicht und in den Missionen in Großbritannien und Europa weit verbreitet wurde, dass der junge Prophet erwartete, "dass die Blätter und Äste der Bäume verzehrt werden". Mit anderen Worten, er dachte, er sehe ein herabfallendes Feuer, die Art, die verbrennt und verzehrt. War das ein Detail, welches Orson Pratt aus den Gesprächen mit dem Propheten gelernt hatte? Oder war es eine Ableitung aus der Aussage Josefs, dass die "Helligkeit und Herrlichkeit jeder Beschreibung trotzen"? Der Prophet weist im Bericht von 1835 darauf hin, dass er mit diesem Licht erfüllt, aber auch von ihm umgeben war, dass es den heiligen Hain füllte. Dann fügt er hinzu: "Doch nichts wurde verzehrt", was vielleicht darauf hindeutet, dass er es erwartet hatte.

 

Der Prophet wurde durch die Erfahrung nicht verletzt; er wurde von ihr geheiligt. Nachdem er das Licht gesehen hatte, sah er nun darin zwei Persönlichkeiten, von denen eine zu ihm sprach und auf die andere deutete: "Dies ist mein geliebter Sohn". Im Wentworth-Brief fügt der Prophet hinzu, indem er von den beiden spricht, dass sie "sich in ihren Gesichtszügen und Aussehen exakt gleich waren". Beachten Sie, dass sie nicht nur einander ähneln - sie waren einander in ihren Gesichtszügen und ihrem Aussehen exakt gleich. Wir sprechen von einer familiären Ähnlichkeit: "Wie der Vater, so der Sohn." Der Sohn sah aus wie sein Vater. Philippus fragte: "Zeige uns den Vater." Der Meister antwortete: "Bin ich so lange bei euch gewesen, und doch hast du mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Das liegt nicht daran, dass sie identisch sind, sondern daran, dass sie sowohl in ihrer Erscheinung als auch in ihrer Natur exakt entsprechen.

 

Dieser Umstand kann weitere Einblicke in den Wortlaut geben, den Alma in seinen vertrauten Fragen über unseren spirituellen Fortschritt verwendet: "Ist das Abbild Gottes auf euren Gesichtsausdruck aufgeprägt?” Es kann auch einer Lieblingsgeschichte von Präsident David O. McKay über das große steinerne Gesicht eine größere Bedeutung geben: In der Anbetung eines Antlitzes kann man schließlich den Charakter dessen annehmen, was man liebt. Es bestätigt die spätere Vision des Propheten von den Zwölf in Kirtland, einer ungleichen Gruppe von Männern aus verschiedenen Hintergründen, die er in einer Vision sah, durch ihre Umwege und Kämpfe, bis sie schließlich verherrlicht waren. Er sah, wie sie von Vater Adam empfangen wurden, wie sie auf den Thron Gottes geführt, vom Meister begrüßt und umarmt und dann gekrönt wurden. "Er sah, dass sie alle eine schöne Haarpracht hatten und alle gleich aussahen.” Das sollte nicht so weit getrieben werden, dass die Zwölf absolut gleich aussahen, sondern eher so, dass sie in Herrlichkeit, "in Fülle und Schönheit" - und der Prophet verwendet das Wort Schönheit, um die Herrlichkeit eines auferstandenen Mannes oder einer Frau zu beschreiben - sie waren einander ähnlich.

 

Der junge Joseph Smith lernte im Heiligen Hain, dass den Vater zu sehen bedeutet, den Sohn zu sehen, und umgekehrt.

 

Ein tieferer Aspekt ist die Beziehung dieser beiden Wesen. Joseph lehrte in den 1840er Jahren - und ich denke, es war eine Erweiterung dessen, was er an diesem Morgen im Hain gelernt hat -, dass die Aussage des Meisters, dass er nichts anderes getan hat als das, was er den Vater hat tun gesehen, unermessliche Bedeutung hat. Wie hätte Jesus die Taten des Vaters als Zeuges sehen können? Präsident Joseph Fielding Smith schrieb: "Die Aussage unseres Herrn, dass er nichts anderes tun könne, als das, was er den Vater tun sah, bedeutet einfach, dass es ihm offenbart worden sei, was sein Vater getan habe. Ohne Zweifel kam Jesus unter der gleichen Bedingung in die Welt, die von jedem von uns verlangt wurde - er vergaß alles, und er musste von der Gnade zur Gnade wachsen."

 

Auch hier ist die Beziehung identisch. Wenn Christus selbst einzigartig gezeugt wurde und der Erstgeborene im Geiste war, und wenn er der Christus nicht nur dieser Erde, sondern, wie der Prophet später lehrte, auch der Galaxis war, so war der Vater selbst vor ihm ein Erlöser, nachdem er die Erlösung der Seelen ausgearbeitet hatte, von denen er ein Bruder, nicht ein Vater war. Das ist tiefes Wasser. Die Schlussfolgerung zieht Joseph Smith in seinem King Follett-Diskurs. Was auch immer es sonst bedeuten mag, und es ist überwältigend, es bedeutet zumindest dies: Der Vater weiß aus Erfahrung genau, was sein Sohn durchgemacht hat. Und der Sohn weiß aus Erfahrung genau, was der Vater durchgemacht hat. Wenn er also sagt: "Ich und mein Vater sind eins", drückt er keine metaphysische Identität aus. Er spricht von der Einheit des Geistes, von einem harmonischen Herzschlag der Liebe und Einsicht, welcher nur aus den Mustern der ewigen Erlösung kommen kann. Gesät in den Gedanken eines vierzehnjährigen Jungen, erblühte und wuchs dieser Samen der Erkenntnis.

 

Obwohl wir nicht wissen, wie lange der Prophet Joseph an diesem Tag im Hain war und Anweisungen erhalten hat, war es wahrscheinlich länger, als es der Umriss, den wir haben, nahelegt. Wir wissen zum Beispiel, dass er geschrieben hat: "Viele andere Dinge hat er zu mir gesagt, die ich jetzt nicht schreiben kann". Soweit ich weiß, hat er sie nie zu Papier gebracht. Einige Kritiker haben darauf hingewiesen, dass der Prophet vom Besuch von Engeln im Zusammenhang mit seiner ersten Vision sprach. Einige haben spekuliert, dass er damit begonnen hatte, zu behaupten, er habe einen Engel gesehen, und den Bericht später mit der Behauptung ausschmückte, dass er den Vater und den Sohn gesehen hat. Die Wahrheit ist, dass er, nachdem er dies alles beschrieben hat, was uns über die Besuch des Vaters und des Sohnes bekannt ist, er zum Schluss des Berichts von 1835 sagt: "Ich habe viele Engel in dieser Vision gesehen". Es ist ein erzwungener Ausschluss zu sagen, dass er entweder den Vater und den Sohn oder Engel gesehen hat. Er hat beides gesehen.

 

Wer hätte mit ihm in dieser Theophanie sein dürfen - welche Engel waren anwesend? Das ist eine unbeantwortete Frage. Wir verfügen über Joseph Smiths Lehre, dass Engel entweder (1), auferstandene Persönlichkeiten sind, die auf dieser Erde gelebt haben, oder (2), die Geister der Gerechten, die hier gelebt haben und noch auferstehen werden, oder (3), wie in den seltenen Fällen im Alten Testament, noch nicht verkörperte Personen, die in einer Art Vorankündigung erscheinen. "Es gibt keine Engel, die dieser Erde dienen, außer denen, die zu ihr gehören oder ihr angehört haben."

 

Joseph war erschöpft von seiner Erfahrung im Wald. Die Begegnung, egal wie lang oder kurz, forderte ihm viel ab. Er sagt: "Ich bin zu mir gekommen." Ich halte es für unangebracht zu sagen, dass er in Trance oder in einem mystischen Zustand war. Die deutlichsten Parallelen ergeben sich aus den alten Aufzeichnungen von Mose und Abraham und Henoch. Wie diese alten Propheten war Josef von einem Geist erfüllt, der es ihm ermöglichte, die Gegenwart Gottes zu ertragen. Ist dieser Geist ermüdend oder belebend? Meine überlegte Antwort ist: "Ja." Es ist beides. Sie verlangt von uns eine Konzentration und eine Hingabe, die mit nichts anderem in diesem Leben vergleichbar ist. Aber es verleiht auch große Fähigkeiten, die über unsere endlichen mentalen, spirituellen und physischen Kräfte hinausgehen.

 

Im Jahre 1832, als er aus der Vision über die drei Stufen der Herrlichkeit (Lehre und Bündnisse 76) mit seinem Begleiter, Sidney Rigdon, herauskam, sah der Prophet stark aus, während Sidney schlaff und blass war. Dazu sagte der Prophet, mit einer gewissen Demut, aber vielleicht auch mit ein wenig Herablassung: "Sidney ist es nicht so gewohnt wie ich".  Aber nach der ersten Vision war er schwach. Es war schwierig für ihn, nach Hause zu gehen. Ebenso wurde er bei seiner Begegnung mit Moroni, der wiederholten Begegnung von 1823, geschwächt, und sein Vater schickte ihn nach Hause. Er konnte nicht einmal über den Zaun klettern, obwohl er normalerweise ein starker und kräftiger Junge war. Neibaur berichtet von  ihm, dass er über seinen Zustand unmittelbar nach der ersten Vision sagte: "Ich.... fühlte mich ungewöhnlich schwach."

 

Wir wenden uns nun einigen der theologischen Weiterentwicklungen dieser ersten Erkenntnis der ersten Vision zu, wie sie der Prophet später gelehrt hat. "Es ist der erste Grundsatz des Evangeliums den Charakter Gottes mit Sicherheit zu kennen." Das ist mehr als zu sagen, es wäre der erste Grundsatz, zu wissen, dass Gott existiert. Das Wort Existenz verwendet er in diesem Zusammenhang überhaupt nicht. Man kann bei Joseph Smith kein einziges Argument für die Existenz Gottes finden. Warum nicht? Eine Antwort: Denn man beginnt erst dann über die Existenz einer Sache zu streiten, wenn ernsthafte Zweifel aufgekommen sind. Die Argumente für die Existenz Gott sind ein Versuch sich Mut zu machen. In Abwesenheit von Erfahrungen mit Gott haben die Menschen Argumente erfunden, um die Erfahrung der Abwesenheit Gottes zu rechtfertigen. Sie haben einen rationalen Turm zu Babel gebaut, mit dem sie sich trösten: "Wir haben nichts von Gott gehört, aber er muss noch da sein".

 

Aber Joseph spekulierte nicht. Er berichtete über seine Erfahrungen aus erster Hand. Propheten haben es immer so getan. Auf der anderen Seite haben die Philosophen einiges des gesamten Einfallsreichtums der westlichen Welt aufgewendet, um das zu erfinden, was sich als fadenscheinige und ungültige Argumente für die Existenz Gottes erweist. Nein. "Es ist der erste Grundsatz des Evangeliums, den Charakter [die Persönlichkeit, die Eigenschaften] Gottes mit Sicherheit zu kennen und zu wissen, dass wir mit ihm sprechen können, wie ein Mensch mit einem anderen spricht". Das ist das Zeugnis von Joseph Smith von Anfang bis Ende. Er spricht über uns alle. Ein Mann, eine Frau - dies ist der erste Grundsatz für jeden von uns. Dort müssen wir beginnen.

 

Und damit wir nicht sagen, wie wir es gelegentlich tun: "Aber sein bemerkenswertes Leben und seine bemerkenswerte Erfahrung gehen völlig über meine eigenen hinaus", sollten wir beachten, dass Joseph 1839 sagte: "Gott hat Joseph [er nennt sich selbst beim Namen]  nichts offenbart, was er nicht auch den Zwölfen mitteilen wird, und selbst der geringste Heilige kann alles so schnell erfahren, wie er es tragen kann". Selbst der geringste Heilige, ich wiederhole das noch einmal. Der Prophet fuhr fort: "Denn der Tag muss kommen, an dem niemand zu seinem Nächsten sagen muss: Erkennt den Herrn; denn alle werden Ihn von den Geringsten bis zu den Größten erkennen. Beachtet, dass "alle ihn erkennen werden" etwas anderes ist als etwas über ihn zu wissen.

 

Im selben Jahr hielt Josef einen wunderbaren Diskurs, in dem er das vierzehnte Kapitel des Johannes erläuterte, jene meisterhafte Predigt des Erlösers, in der er sagte, dass er und der Vater "ihren Wohnsitz" bei treuen Heiligen errichten werden. In dieser Ansprache richtet der Prophet die Predigt an uns. Es ist, als ob er sagte: "Es reicht nicht aus, wenn du sagst: "Ah, Bruder Joseph hat das Sagen, und er weiß Bescheid.” Du musst es wissen." Er sagt es auf zehn verschiedene Arten. Dann sagt er im letzten Teil: "Kommt zu Gott." Diese Segnungen sind für seine Heiligen bestimmt, also fragt ihn.

 

"Nun," könnte man meinen, "Ich will es nicht übertreiben. Ich will nicht nach Dingen fragen, um die ich nicht bitten sollte." Natürlich sollten wir als allgemeines Prinzip, das eine wahre, differenzierende Regel darstellt, nicht nach dem fragen, was wir nicht von ihm verlangen sollten. Aber wenn der Herr uns befohlen hat zu fragen, ist es angebracht. Dies wird im Gleichnis des Erlösers vom ungerechten Richter und der aufdringlichen Witwe veranschaulicht, dem der Grund vorausgeht, warum es gegeben wurde, um zu zeigen, "dass Menschen immer beten und nicht nachlassen sollten". Es erzählte von der Witwe, die wiederholt zum Richter kam, um ihren Fall zu vertreten. Immer weigerte er sich, darauf zu achten. Aber weil sie so oft zurückkam und um sie dauerhaft loszuwerden, sagte der Richter: "In Ordnung! Gib ihr, was sie will und beende ihr Geschrei."

 

Meine Darstellung ist eine grobe Umschreibung des Gleichnisses. Aber was ist der Sinn der Geschichte? Warum sollte der Erlöser so ein Gleichnis lehren? Es gibt Stellen in der modernen Schrift, an denen der Herr jemandem befiehlt, in einer bestimmten Angelegenheit nicht weiter zu bitten, wo er sagt: "Belästige mich nicht mehr". Aber in jedem Fall zeigt der Kontext, dass er die Antwort bereits gegeben hat, und er sagt: "Bitte akzeptiere ein nein oder ja als eine Antwort".

 

So ist es nun mal. Wir haben das Privileg, die Erfahrung des Propheten nachzuvollziehen.

 

Das bringt mich zu meinem letzten Punkt. Oft werden wir nicht nur von der Frage verfolgt, ob wir in unserer eigenen religiösen Erkenntnis genug Fortschritt gemacht haben, sondern auch, ob wir uns auf einige Erfahrungen verlassen können, denen wir zuvor vertraut haben. Wie Säuren fressen sie uns auf. Manchmal ist es der Spott anderer, aber manchmal ist es nichts Tiefgreifenderes als unsere eigenen Sünden und Schwächen und der Verrat des Besten in uns selbst. Zweifel folgen dann von ganz allein.

 

Der Meister machte eine seltsame Aussage gegenüber Thomas. Thomas wird als Zweifler eingestuft, weil er sagte, was die anderen zuvor gesagt hatten: "Ich werde glauben, wenn, und nur wenn ich sehe." Laut Lukas rieben sich die anderen praktisch die Augen vor Unglauben, als sie ihn sahen. Es ist ein schöner Satz: "Als sie es aber vor Freude immer noch nicht glauben konnten". Was bedeutet das? Das heißt, es war zu schön, um wahr zu sein. Innerhalb weniger Tage hatten sie ihren Herrn gekreuzigt gesehen, und jetzt stand er vor ihnen! So hatten auch sie, wie Thomas, Zweifel. Die seltsamen Worte Jesu werden von Johannes berichtet: "Thomas, weil du mich gesehen hast, hast du geglaubt; gesegnet sind die, die nicht gesehen und doch geglaubt haben".

 

Auf den ersten Blick scheint diese Aussage der Erfahrung aus der Ferne oder Zweiter Hand einen hohen Stellenwert einzuräumen, fast so, als ob ein ungestützter Glaube lobenswerter wäre als ein Glaube, der auf dem Wissen durch Sehen beruht. Das ist, glaube ich, ein Fehler. Was diese Aussage anbelangt, ist die Erkenntnis des Herrn und seiner Propheten, dass der Heilige Geist die eindringlichste der Zusicherungen ist - die eine Macht, die auch außerhalb des Sichtfeldes Zweifel ausmerzen und es uns sozusagen unmöglich machen kann, nicht zu glauben.

 

Während er die Gefühle, die er beim Verlassen des Hains und an den folgenden Tagen hatte, festhielt, schrieb Joseph diesen Satz: "Meine Seele war von Liebe erfüllt, und viele Tage lang konnte ich mich mit großer Freude jubeln, und der Herr war bei mir, aber ich konnte niemanden finden, der der himmlischen Vision glauben wollte. Dies ist eine der seltenen Einsichten, die er gibt, was in seinem Inneren vor sich ging, im Vergleich zu der Außenwelt während dieser Erfahrung. Freude, Liebe. Und kein Zweifel. Andere zweifelten natürlich. Er tat dies nicht.

 

Der Teufel ist geschickt mit seinen Taktiken und mit dem satanischen Ersatz, aber eines kann er nicht fälschen, nämlich das Zeugnis und die Macht des Heiligen Geistes. Wenn wir dies erhalten, wissen wir es mit Sicherheit - und ich wiederhole, mit noch größerer Gewissheit, als würden wir es sehen. Es ist natürlich möglich, beides zu haben, und genau das ist Joseph Smith widerfahren. Er sah, wie eine spätere Offenbarung erklärt, nicht mit Hilfe des natürlichen oder weltlichen Verstandes, sondern durch den geistigen. Er sah mit eigenen Augen, aber er war auch von jener  leuchtenden Kraft umgeben, die beauftragt wurde, Zeugnis vom Vater und vom Sohn abzulegen. Ohne offene oder bemerkenswerte Visionen zu haben, können wir alle die gleiche herrliche und verherrlichende Gewissheit über die Realität des Vaters und des Sohnes haben; und das kommt durch den Geist, durch die Kraft des Heiligen Geistes.

 

Oft werden wir in der Welt mit denen konfrontiert, die an Gott glauben wollen, ohne an Gott zu glauben. Sie sind bereit zu behaupten, dass es etwas gibt - und das ist das stärkste Wort, das sie bereit sind zu gebrauchen -, dass es etwas da draußen gibt, das für die Dinge verantwortlich ist: ein Prinzip, eine harmonische Kraft oder ein ultimatives kosmisches Mysterium. Wie selten wird das Zeugnis angenommen, dass der Vater der Gestalt Christi gleicht! Ein Grund - und die Heiligen der Letzten Tage können dies bezeugen - ist, dass solche persönlichen Wesen sich in dein Leben einmischen können, es verändern, spezifische Gebote und Ratschläge geben, tadeln, genehmigen oder ablehnen. Ein Gott, der völlig distanziert ist, kommt dir nicht in die Quere.

 

Es ist unwahrscheinlich, dass der Prophet die Folgen seines Gebets im Hain vollständig vorausgesehen hat, aber er hat sich trotzdem voll und ganz diesen Folgen gestellt. Er wankte nie. Bei einer Gelegenheit sagte er: "Wäre ich nicht tatsächlich in diese Arbeit involviert und von Gott berufen worden, würde ich abspringen." Aber er fügte hinzu - und das zeigt seine Integrität -: "Ich kann nicht abspringen: Ich habe keinen Zweifel an der Wahrheit." (Einige Männer, die keinen Zweifel an der Wahrheit hatten, sind trotzdem abgesprungen, aber er tat es nicht.) Von der Erfahrung im Heiligen Hain an kannte und begrüßte er sein ganzes Leben lang den Vater und den Sohn, "sogar", wie ihm 1829 befohlen wurde, "wenn er getötet werden sollte". Er war im Leben und im Tod treu. Und um das Wort zu verwenden, das er in unserer Generation wiederentdeckt hat, dies besiegelte die Macht seiner ersten und nachfolgenden Besuche. Jeder, der ausreichend vom Geist Gottes erfüllt ist, um zu wissen, dass Gott lebt und dass Jesus der Christus ist, wird durch diesen gleichen Geist zur Erkenntnis gebracht werden, dass Joseph Smith einer der Propheten war, die vom Vater und dem Sohn berufen wurden.

 

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