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Thomas S. Monson

Wie man sich Gottes Thron voller Selbstvertrauen nahen kann

Jörg Klebingat

 

 

Oktober 2014

 

Wo würden Sie Ihr geistiges Selbstvertrauen vor Gott auf einer Skala von 1 bis 10 einstufen? Haben Sie ein persönliches Zeugnis davon, dass das, was Sie derzeit als Mitglied der Kirche leisten, ausreicht, um das ewige Leben zu erlangen? Können Sie mit Gewissheit sagen, dass der Vater im Himmel Gefallen an Ihnen hat? Was geht Ihnen bei dem Gedanken, Sie hätten in einer Minute eine persönliche Unterredung mit dem Heiland, durch den Kopf? Wäre Ihr Selbstbild hauptsächlich von Sünde, Reue und Unzulänglichkeiten geprägt oder wären Sie einfach voller Vorfreude? Würden Sie ihn ansehen können oder seinem Blick ausweichen? Würden Sie zögerlich an der Tür stehen bleiben oder selbstbewusst auf ihn zugehen?

 

Wann immer es dem Widersacher misslingt, unvollkommene, aber dennoch eifrige Heilige wie Sie dazu zu bringen, den Glauben an einen persönlichen und liebevollen Gott aufzugeben, bedient er sich teuflischer Schliche, damit Sie sich so weit wie möglich von Gott entfernen. Dem Widersacher ist bewusst, dass der Glaube an Christus – und zwar ein Glaube, der beständig liebevolle, große Barmherzigkeit und sogar mächtige Wunder bewirkt – mit der persönlichen Überzeugung einhergeht, dass man bemüht ist, das Richtige zu wählen. Deshalb wird er versuchen, sich Zugang zu Ihrem Herzen zu verschaffen und Ihnen vorzulügen, der Vater im Himmel sei von Ihnen enttäuscht, das Sühnopfer sei unerreichbar für Sie, es hätte keinen Sinn, auch nur den Versuch zu machen, jeder andere sei besser als Sie, Sie seien unwürdig – und tausend weitere, teuflische Lügen dieser Art.

 

Solange Sie zulassen, dass solche Stimmen an Ihrer Seele nagen, können Sie sich dem Thron Gottes nicht mit echtem Selbstvertrauen nahen. Was Sie auch tun mögen, wofür Sie auch beten und auf welches Wunder Sie auch hoffen, Sie werden immer gerade genug Selbstzweifel haben, dass Ihr Glaube langsam zerstört wird – und zwar nicht nur Ihr Glaube an Gott, sondern auch Ihr Vertrauen in sich selbst. Das Evangelium auf diese Weise zu leben ist weder eine Freude noch sonderlich gesund. Darüber hinaus ist es völlig unnötig! Es ist ganz allein Ihre Entscheidung, sich zu ändern.

 

Ich möchte Ihnen gern sechs praktische Vorschläge unterbreiten, die, wenn Sie sie beherzigen, die teuflischen Stimmen verklingen lassen und den Frieden, die Gewissheit und das geistige Selbstvertrauen wiederherstellen, die Sie haben können, wenn Sie nur wollen. Wie Sie sich auf der Skala von 1 bis 10 auch eingestuft haben mögen: Wenn Sie das Sühnopfer Jesu Christi anwenden, können Sie schon heute Ihr geistiges Selbstvertrauen allmählich steigern. Sie müssen nur bereit sein, zuzuhören und etwas zu tun. Ich werde frei heraus sprechen und hoffe, Sie werden dadurch erbaut und sind nicht gekränkt.

 

1. Übernehmen Sie Verantwortung für Ihr geistiges Wohl. Hören Sie auf, anderen Menschen oder den Umständen die Schuld zu geben, sich zu rechtfertigen und nach Ausreden zu suchen, weshalb Sie nicht völlig gehorsam zu sein brauchen. Akzeptieren Sie, dass Sie „gemäß dem Fleische frei“ sind und dass Sie frei sind, „Freiheit und ewiges Leben zu wählen“ (2 Nephi 2:27). Der Herr kennt Ihre Umstände ganz genau; ebenso gut weiß er, ob Sie sich bewusst entscheiden, nicht vollständig nach dem Evangelium zu leben. Sollte das der Fall sein, seien Sie ehrlich genug, dies zuzugeben, und bemühen Sie sich im Rahmen Ihrer Umstände darum, vollkommen zu sein. Ihr geistiges Selbstvertrauen nimmt zu, wenn Sie für Ihr geistiges Wohl selbst die Verantwortung übernehmen und täglich das Sühnopfer Jesu Christi anwenden.

 

2. Übernehmen Sie Verantwortung für Ihr körperliches Wohl. Ihre Seele besteht aus Körper und aus Geist (siehe LuB 88:15). Nährt man den Geist und vernachlässigt gleichzeitig den Körper, der ja ein Tempel ist, führt dies in geistiger Hinsicht für gewöhnlich zu einem Missklang und einem geringeren Selbstwertgefühl. Falls Sie gerade nicht in Form sind, sich in Ihrem Körper nicht wohlfühlen und etwas dagegen tun können, machen Sie das! Elder Russell M. Nelson hat gesagt, wir müssen „unseren Körper als unseren ganz persönlichen Tempel betrachten“ und „darauf achten, was wir essen, und … uns bewegen, um körperlich fit zu bleiben“ („Wir sind Kinder Gottes“, Liahona, Januar 1999, Seite103).

 

Präsident Boyd K. Packer hat gesagt: „Unser Geist und unser Körper sind so verbunden, dass unser Körper ein Werkzeug unseres Sinnes und die Grundlage unseres Charakters wird.“ („The Instrument of Your Mind and the Foundation of Your Character“, Andacht des Bildungswesens der Kirche am 2. Februar 2003, speeches.byu.edu.) Achten Sie deshalb bitte gut darauf, was Sie essen, und vor allem, wie viel Sie essen, und geben Sie Ihrem Körper regelmäßig die Bewegung, die er braucht und die er verdient. Entschließen Sie sich heute dazu, Herr im eigenen Haus zu sein – sofern Sie körperlich dazu in der Lage sind –, und fangen Sie an, sich im Rahmen Ihrer Möglichkeiten regelmäßig und dauerhaft körperlich zu betätigen und sich gesünder zu ernähren. Ihr geistiges Selbstvertrauen nimmt zu, wenn Ihr Geist mithilfe des Erretters tatsächlich die Aufsicht über den natürlichen Menschen übernimmt.

 

3. Entscheiden Sie sich freiwillig und von ganzem Herzen dazu, gehorsam zu sein. Sie müssen erkennen, dass Sie Gott nicht lieben können, ohne auch seine Gebote zu lieben. Der Maßstab des Herrn ist klar und einfach: „Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten.“ (Johannes 14:15.) Selektiver Gehorsam bringt auch selektiven Segen mit sich. Selbst wenn man etwas Schlechtem etwas weniger Schlechtes vorzieht, hat man dennoch eine falsche Entscheidung getroffen. Sie können sich nicht einen schlechten Film ansehen und erwarten, sich tugendhaft zu fühlen, nur weil Sie sich nicht einen ganz schlechten angesehen haben. Dass Sie sich treu an einige Gebote halten, ist kein Grund, andere zu missachten. Abraham Lincoln sagte zu Recht: „Wenn ich Gutes tue, fühle ich mich wohl, und wenn ich Schlechtes tue, fühle ich mich unwohl.“ (In: William H. Herndon und Jesse William Weik, Herndon’s Lincoln: The True Story of a Great Life, 3 Bd., 1889, Band 3, Seite 439.)

 

Dazu gehört auch, dass Sie das Richtige aus den richtigen Gründen tun. Der Herr, der „das Herz und einen willigen Sinn“ (LuB 64:34) fordert und der „die Gedanken und Absichten des Herzens“ (LuB 33:1) kennt, weiß, weshalb Sie in die Kirche gehen – ob Sie nun lediglich körperlich anwesend sind oder Gott aufrichtig verehren. Sie können sonntags nicht singen: „Aus Babylon, aus Babylon [ich ziehe] nun aus“ und sich wenig später dann wieder nach Babylon oder seiner Gesellschaft sehnen („Ihr Ältesten Israels“, Gesangbuch, Nummer 209). Bedenken Sie, dass Gleichgültigkeit in geistiger Hinsicht noch nie glücklich gemacht hat. Machen Sie die Kirche und das wiederhergestellte Evangelium voll und ganz zu Ihrem Leben und nicht bloß zu einem Stück Fassade oder Ihrem geselligen Umfeld. Wenn Sie sich heute entscheiden, wem Sie dienen wollen, bleibt dies nur ein Lippenbekenntnis, solange Sie nicht wirklich auch entsprechend leben (siehe Josua 24:15). Ihr geistiges Selbstvertrauen nimmt zu, wenn Sie trotz Ihrer Unvollkommenheit aus den richtigen Beweggründen heraus wahrhaft darum bemüht sind, ein gottgeweihtes Leben zu führen!

 

4. Werden Sie richtig, richtig gut darin, rasch und gründlich umzukehren. Das Sühnopfer Jesu Christi ist von praktischem Wert und unerschöpflich, daher sollten Sie es rund um die Uhr anwenden. Betrachten Sie das Sühnopfer Jesu Christi und die Umkehr als etwas, was man nach Anordnung des großen Arztes gern und täglich anwenden muss. Kehren Sie kontinuierlich und voller Freude um. Machen Sie Umkehr bewusst zu einem Bestandteil Ihres Lebens. Hüten Sie sich davor, die Umkehr aufzuschieben, und erwarten Sie nicht, dass die Welt Sie dabei unterstützt. Blicken Sie immer auf den Erretter. Kümmern Sie sich mehr um das, was er über Sie denkt, und lassen Sie sich die Folgen nicht sorgen. Ihr geistiges Selbstvertrauen nimmt zu, wenn Sie aus freien Stücken und freudevoll sowohl von kleinen als auch von großen Sünden rasch umkehren, indem Sie das Sühnopfer Jesu Christi anwenden.

 

5. Werden Sie richtig, richtig gut darin, anderen zu vergeben. „Ich, der Herr, vergebe, wem ich vergeben will, aber von euch wird verlangt, dass ihr allen Menschen vergebt.“ (LuB 64:10.) Vergeben Sie jederzeit jedem das, was er getan hat, oder versuchen Sie es zumindest, damit auch Ihnen vergeben werden kann. Hegen Sie keinen Groll, seien Sie nicht gleich beleidigt, vergeben und vergessen Sie schnell und kommen Sie nicht auf den Gedanken, dass dieses Gebot für Sie keine Geltung habe. Ihr geistiges Selbstvertrauen nimmt zu, wenn Sie wissen, dass der Herr weiß, dass Sie niemandem gegenüber schlechte Gefühle haben.

 

6. Akzeptieren Sie, dass Prüfungen, Rückschläge und „Überraschungen“ zum Erdenleben dazugehören. Bedenken Sie, dass Sie hier sind, um geprüft und getestet zu werden, um zu „sehen, ob [S]ie alles tun werden, was auch immer der Herr, [I]hr Gott, [I]hnen gebietet“ (Abraham 3:25) – und ich möchte hinzufügen: unter allen Umständen. Millionen Ihrer Brüder und Schwestern wurden oder werden getestet, warum also sollte es Ihnen erspart bleiben? Einige Prüfungen sind das Ergebnis Ihres eigenen Ungehorsams oder Ihrer Nachlässigkeit. Andere Prüfungen ergeben sich aus der Nachlässigkeit anderer oder weil dies ganz einfach eine gefallene Welt ist. Wenn diese Prüfungen kommen, wollen die Anhänger des Widersachers Ihnen einreden, Sie hätten etwas Falsches gemacht und dies sei nun die Strafe und ein Zeichen dafür, dass der Vater im Himmel Sie nicht lieb hat. Ignorieren Sie dies! Ringen Sie sich ein Lächeln ab, schauen Sie himmelwärts und sagen Sie: „Ich verstehe, Herr, was das ist. Ich muss mich mal wieder bewähren, stimmtʼs?“ Und arbeiten Sie dann Hand in Hand mit ihm zusammen, damit Sie bis zum Ende standhaft sein können. Ihr geistiges Selbstvertrauen nimmt zu, wenn Sie akzeptieren, dass „Sie oft Prüfungen und Bedrängnisse durchmachen müssen, gerade weil Sie etwas richtig machen“ (Glenn L. Pace, „Crying with the Saints“ [Andacht an der Brigham-Young-Universität vom 13. Dezember 1987], speeches.byu.edu).

 

Als ich Präsident der Ukraine-Mission Kiew war, fragte ich eine meiner treuesten Missionarinnen, weshalb sie immer so hart mit sich ins Gericht gehe und immer so übermäßig selbstkritisch sei. Ihre Antwort war geradezu beispielhaft für jemanden, der auf die falschen Stimmen hört: „Damit mir dabei sonst niemand zuvorkommt.“

 

Brüder und Schwestern, mein Rat an diese Missionarin ist auch mein Rat an Sie: Akzeptieren Sie Ihre Schwächen und stellen Sie sich ihnen. Lassen Sie sich jedoch nicht von ihnen lähmen, denn einige davon werden Sie bis zum Lebensende begleiten. Unabhängig davon, wie Ihr Stand auch gerade sein mag: In dem Augenblick, da Sie sich aufrichtig und freudevoll dazu entschließen, täglich umzukehren, und sich darum bemühen, Ihr Bestes zu geben und das Beste zu sein, was Sie sein können, wird das Sühnopfer Sie umfangen und Ihnen auf Schritt und Tritt ein Begleiter sein. Wenn Sie so leben, können Sie sich „immer Vergebung für [Ihre] Sünden bewahren“ (Mosia 4:12) – jeden Tag und jede Stunde, jede Minute und jede Sekunde – und so vor Gott jederzeit völlig rein und annehmbar sein.

 

Sie können, wenn Sie es wollen, heute oder schon bald für sich herausfinden, dass der Herr Wohlgefallen an Ihnen hat, und zwar trotz Ihrer Verfehlungen. Ich bezeuge, dass wir einen liebevollen Erretter haben, der von uns erwartet, dass wir die Gebote halten. Ich bezeuge, dass wir einen liebevollen Erretter haben, der es kaum abwarten kann, uns seine Gnade und Barmherzigkeit zu schenken. Ich bezeuge, dass wir einen liebevollen Erretter haben, der sich freut, wenn wir sein Sühnopfer jeden Tag anwenden und dabei die stille und freudige Gewissheit verspüren, die richtige Richtung eingeschlagen zu haben. Ich bezeuge, dass wir einen liebevollen Erretter haben, der unbedingt möchte, dass Ihr Vertrauen in der Gegenwart Gottes stark wird (siehe LuB 121:45). Im Namen Jesu Christi. Amen.

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